Der Südtiroler Fensterhersteller Finstral sucht den Dialog, initiiert Gespräche und diskutiert relevante Themen aus dem Großraum Architektur. Für die dritte Ausgabe des Finstral Magazins F_03 haben wir acht Fragen an Architektinnen und Architekten aus ganz Europa gestellt. Lesen Sie hier die Antworten von Rudi Perathoner.
1. Wie denken Sie als Architektin/als Architekt über Licht?Rudi Perathoner: Ich möchte hier den großartigen Kollegen und Vordenker der modernen Architektur, Le Corbusier, zitieren, der vor genau 100 Jahren sagte: „Architektur ist das kunstvolle, korrekte und großartige Spiel der unter dem Licht versammelten Baukörper“. Dem ist meines Erachtens nichts hinzuzufügen.
2. Wie planen Sie Tageslicht?Die stetig voranschreitenden technischen Entwicklungen im baulichen Wärmeschutz erlauben uns, eine Fassade nicht mehr primär im Hinblick auf den Witterungsschutz zu konzipieren. Große Fensterflächen wirken sich weniger negativ auf die Energieeffizienz einer Gebäudehülle aus, wodurch uns als Architekten mehr gestalterischer Spielraum bleibt. Generell versuchen wir, lichtdurchflutete und damit helle und freundliche Innenräume zu planen, die einen starken Bezug zum Außenraum haben. Allerdings arbeiten wir auch gerne mit ausladenden Balkonen oder Dächern und vertikalen Lamellen, um bereits durch die Architektur den Wärmeschutz im Sommer zu vereinfachen und gleichzeitig die nötige Privatheit eines Innenraumes zu gewährleisten.
3. Wie nutzen Sie das Fenster als architektonisches Gestaltungselement?Wir waren in den letzten Jahren in der privilegierten Situation, fast immer an atemberaubend schönen Bauplätzen planen zu dürfen, sei es „zuhause“ in den Südtiroler Dolomiten, am Gardasee oder in den Schweizer Alpen. Deshalb spielt das Fenster als visuelle Verbindung von Innenraum und Landschaft in unseren Entwürfen eine zentrale Rolle, entweder um vom Innenraum aus eine spektakuläre Panoramasicht zu ermöglichen oder aber den Blick gezielt auf ein bestimmtes Element der Umgebung zu lenken.
4. Welches (bekannte) bestehende Gebäude würden Sie gerne wie umnutzen oder erweitern? Da fällt mir spontan die Villa Malaparte auf Capri ein, das Paradebeispiel für eine Architektur, die mit Hilfe von präzise positionierten Fensteröffnungen ganz bestimmte Ausblicke aus dem Gebäudeinneren akzentuiert. Mithilfe von dunklen Holzrahmen im Innenraum werden Teile der felsigen Küstenlandschaft und des Meeres gleich einem Gemälde gerahmt. Die Idee einer Umnutzung, die eine öffentliche Zugänglichkeit der derzeit in Privatbesitz befindlichen Villa ermöglichen würde, finde ich äußerst spannend.
5. Bauen ist ein Dickicht aus unzähligen Vorgaben und teils veralteten Abläufen: Was würden Sie ändern? Und wie?Als kreativer Mensch tue ich mich besonders mit den vielen bauplanungs- und bauordnungsrechtlichen Vorschriften und Gesetzen schwer, die durch Querverweise und immer präziser werdende Vorgaben kontinuierliche Planungsprozesse zunehmend einschränken. Hier würde ich mir von Gesetzgeber und Behörden klarere und flexiblere Planungsinstrumente wünschen.
6. Architektur ist gebaute Realität. Welche gesellschaftliche und politische Verantwortung haben Architektinnen und Architekten heute?
Seit jeher prägen Architektinnen und Architekten mit ihren Bauten ein Stadt- oder Dorfbild für Jahrzehnte und oft über ihr eigenes Dasein hinaus. Allein daraus erwächst meiner Meinung nach eine soziale Verantwortung, deren sich unser Berufsstand bei der Gestaltung von Gebäuden und Infrastrukturen stets bewusst sein sollte. Architektur darf und muss sogar einem steten Wandel unterliegen, sollte meines Erachtens aber immer im baulichen und/oder landschaftlichen Kontext gedacht werden.
7. Mit wem würden Sie gerne einen (Architektur-)Diskurs führen – und zu welchem Thema?Mit einem meiner großen Vorbilder, dem Architekten Alois Welzenbacher, der Mitte des vergangenen Jahrhunderts eine alpine Variante der klassischen Moderne entwickelte, würde ich gerne über den Einfluss architektonischer Ideen auf das Planen und bauliche Gestalten im Alpenraum diskutieren.
8. Mit welcher These eröffnen Sie diesen Diskurs?Herr Welzenbacher, Ihre Architektur steht immer im Bezug zum jeweiligen städtischen, dörflichen oder landschaftlichen Kontext. Sie haben ihre Bauten keinem ästhetischen Dogma unterworfen wie viele Kollegen der klassischen Moderne. Sie waren anders …
Seit 2004 arbeiten Perathoner Architects in Wolkenstein in Gröden, mitten in den von der UNESCO zum Welterbe der Menschheit ernannten Dolomiten. Und so steht denn auch die harmonische Integration der Architektur in die Landschaft immer im Fokus der neun Mitarbeiter. Dafür gab es zahlreiche Auszeichnungen. Ein zweiter Schwerpunkt – der sich aus dem ersten ergibt – ist die Umsetzung energieeffizienter Lösungen.
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